Sounddesign Grundlagen

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Auf dieser Seite geht es darum, für das im 7.Semester anstehende Synhesizer-Praktikum im Modul Sounddesign,
einiges an Grundlagen und wissenswerten Fakten bezüglich Synthesizertechnik bereitzustellen.

Technischer Aufbau eines Synthesizers

Analog und Digital

Als die ersten Synthesizer gebaut wurden und es noch keine Digitaltechnik gab, waren alle
zugehörigen Bauteile in analoger Ausführung. Nicht nur die Oszillatoren, sondern auch die
Filter und Bedienelemente – quasi der komplette Synthesizer. Demzufolge war die
Klangerzeugung genauso analog, wie die Klangformung.
Mit dem Einzug der Digitaltechnik kamen mehr und mehr digitale Synthesizer auf den
Markt oder auch Mischformen, wie z.B. Synthesizer mit analoger Klangerzeugung und
digitalen Filtern. Der wohl "reinste" Digitalsynthesizer dürfte der Softwaresynthesizer im
Umfeld einer DAW sein.

Polivoks – komplett analoger Synthesizer aus sowjetischer Produktion (1982)


Nord Lead 4 – virtuell-analoger Synthesizer der schwedischer Firma Clavia (2013)


Massive – Softwaresynthesizer von Native Instruments, Berlin (2007)


Monophonie und Polyphonie

Grundsätzlich beschreibt das Wort MONOPHON im Bereich der Synthesizer, dass das
Instrument nur eine Stimme (gleichzeitig) wiedergeben kann, ganz egal wieviele Tasten
man drückt. POLYPHON bedeutet, dass mehrere Stimmen gleichzeitig wiedergegeben
werden könnnen, wenn mehrere Tasten gleichzeitig gedrückt oder mehrere MIDI-Noten
gleichzeitig im selben Instrument eingehen und "gespielt" werden.

Deutlich abzugrenzen ist der Begriff POLYPHONIE im Bereich der Synthesizer zum Begriff
der POLYPHONIE in der Musikwissenschaft. Hier beschreibt er etwas gänzlich anderes. In
der Musikwissenschaft bezieht sich die POLYPHONIE auf das zeitgleiche Spielen von
verschiedenen Melodien. Der Grund hierfür ist, dass es in diesem Bereich nicht wirklich
etwas Besonderes ist, wenn ein klassisches Instrument mehrere Stimmen gleichzeitig
wiedergeben kann. Um dies zu verbildlichen stellen wir uns einfach einen Konzertflügel
vor, bei dem jeder einzelne Tastenton mit einer mit der Taste verbundenen Saite erzeugt
wird. Wenn er also beispielhaft 88 Tasten besitzt, so besitzt er auch 88 Stimmen, welche
zeitgleich ertönen können.

In der Synthesizertechnik war POLYPHONIE – vor allem in der Anfangszeit der analogen
Synthesizer – abhängig von den Bauteilen. Damit ist gemeint, dass eine analoge
Synthesizerstimme aus einem aus mehreren physischen Bauteilen zusammengesetzten
Satz besteht. Wenn dieser Satz nur einmal komplett vorhanden ist, so spricht man von
einem MONOPHONEN Synthesizer, weil eben nur ein Ton gleichzeitig erklingen kann. In
einem POLYPHONEN Synthesizer sind diese Bauteilsätze mehrfach physisch vorhanden,
d.h. ein vierfach POLYPHONER Synthesizer enthält denselben Bauteilsatz zur Erzeugung
von einer Synthesizerstimme gleich viermal.

Beispiel für einen monophonen analogen Synthesizer mit üppigen Konfigurationsmöglichkeiten – Arturia Matrixbrute (2016)


Beispiel für einen polyphonen analogen Synthesizer mit vier Stimmen – Dave Smith Mopho x4 (2012)


Elementare Baugruppen / Bauteile eines Synthesizers

OSC (Oszillator) auch
VCO (Voltage Controlled Oscillator – spannungsgesteuerter Oszillator) oder
DCO (Digital Controlled Oscillator – digital gesteuerter Oszillator)
Ein Oszillator ist ein Schwingungserzeuger und wird auch manchmal als "Schwinger"
bezeichnet. Seine Aufgabe ist es, egal ob in analoger oder digitaler Ausführung, eine
Wellenform zu generieren. Anders formuliert: Ein Oszillator erzeugt einen Ton.
Desweiteren kann ein Oszillator die Tonhöhe eines anderen Oszillators steuern und auch
als Modulationsquelle dienen, z.B.: um periodische Lautstärkenänderungen eines Tons zu
bewirken. Die Grundfunktion eines analogen spannungsgesteuerten Oszillators ist ein
periodisch wiederholter Auf- und Entladevorgang. Als Grundwellenform des Oszillators
wird die Sägezahnkurve bezeichnet. Sie entspricht genau dem Spannungsverlaufsmuster,
welches entsteht, wenn der Kondensator im Oszillator periodisch langsam aufgeladen,
aber abrupt entladen wird. Weitere Kurvenformen wie Dreieck oder Rechteck – um einige
zu nennen – basieren allesamt auf der Sägezahnkurve, sind demzufolge Ableitungen von
ihr.

Grundfunktionsschema eines Oszillators


Aufbauschema eines spannungsgesteuerten Oszillators


LFO (Low Frequency Oscillator - Niederfrequenzoszillator)
Ein LFO ist in der Lage sehr langsame Schwingungen von unter einem Hertz bis hin zu
Schwingungen im unteren hörbaren Frequenzbereich zu erzeugen. Es geht hierbei aber
nicht darum, dass man den LFO direkt hört, sondern das der LFO andere
Synthesizerparameter periodisch moduliert. ImGegensatz zum OSC (VCO) ist die
Tonhöhe des LFO`s nicht spannungssteuerbar.


Filter
Das Filter ist ein Modul, welches frequenzabhängig arbeitet, d.h. die Verstärkung ist für
verschiedene Frequenzen unterschiedlich. Die Cutoff- oder Kennfrequenz bezeichnet die
Frequenz, ab der sich das Verstärkungsverhalten des Filters ändert. Wenn man als
Beispiel ein Hochpassfilter betrachtet, so bedeutet das, dass oberhalb der Kennfrequenz
alle Frequenzen gleichmäßig verstärkt "durchgelassen" werden und unterhalb die
Verstärkung abnimmt. Die üblichen Vertreter für Filter sind Hochpass-, Tiefpass-,
Bandpass- und Kerbfilter.

Arten von Filtern


Eine Unterscheidung der Filter erfolgt aber nicht nur aufgrund der Frequenzen, welche sie
entweder durchlassen oder dämpfen (bis sperren), sondern auch aufgrund von ihrer
Flankensteilheit, ihrer Charakteristik und auch der Resonanz. Welche klanglichen
Auswirkungen diese drei Filtereigenschaften beim Bau von Tönen mit dem Synthesizer
haben, lässt sich sicherlich am besten mit den folgenden drei Abbildungen darstellen.


Filtereigenschaften: Flankensteilheit


Filtereigenschaften: Filtercharakteristik


Filtereigenschaften: Filterresonanz


Hüllkurve / Envelope (ADSR)
Im analogen spannungsgesteuerten Sinn betrachtet, handelt es sich bei Hüllkurven um
Steuerspannungen, die einen einmaligen Änderungsverlauf vornehmen. Die Hülkurve ist
zugleich auch das bekannteste Modul für einmalige Änderungsverläufe. Mit ihr kann das
Auf- bzw Entladen des Kondensators so beeinflusst werden, dass der kreativen
Gestaltung eines Tones am Synthesizer nichts mehr im Wege steht. Übliche veränderbare
Parameter einer Hüllkurve sind Attack, Decay, Sustain und Release. Daher rührt auch die
Abkürzung ADSR. Wenn man ADSR in Bezug zur Tonerzeugung setzt, so könnte man es
so beschreiben: Attack gibt an wie schnell ein Ton seinen vordefinierten Maximalpegel
erreicht. Decay beschreibt wie schnell sich der Ton von seinem Maximalpegel wieder
zurückregelt, auf einen vordefinierten Sustainwert (to sustain – aufrechterhalten).
Sustain hält den im Pegel zurückgeregelten Ton auf einem vorher definierten Pegelwert.
Release gibt an, wie schnell sich der Kondensator komplett entlädt, d.h. in Bezug zum Ton
bedeutet das, das Release angibt wie lang es dauert, bis wieder die Stille erreicht ist.


Datei:11 Hüllkurve ADSR.jpg
Veranschaulichung der ADSR-Hüllkurve


Sequenzer
Ein Sequenzer, auch oft unter der Bezeichnung "Step-Sequenzer" bekannt, ist an sich kein
Gerät, das selbst Töne erzeugt. Viel mehr arbeitet es mit den fertig gestellten Tönen.
Der Aufbau dieser Geräte erfolgt herstellerübergreifend immer nach dem gleichen bewährten
Muster: Eine Zeitachse (kein wissenschaftlicher Begriff) wird in zumeist 16 Einzelschritte
unterteilt. Jeder Einzelschritt ist in der Lage einen Ton zu aktivieren / spielen oder oft auch
zu beeinflussen, z.B. die Tonhöhe oder dergleichen zu ändern. Das Grundprinzip ist, dass
jeder einzelne Schritt abgearbeitet wird und zwar nacheinander. Ist der 16. Schritt
beendet, beginnt das Durchlaufen der Einzelschritte wieder beim ersten Schritt. Es wird
von einem "Loop" gesprochen, sobald das Durchlaufen der Schritte unendlich lang
erfolgen würde, wenn es nicht vom Benutzer des Sequenzers irgendwann eigenhändig
unterbrochen wird. Der Einsatz solcher Sequenzer ist vielfältig, hauptsächlich sind sie aber
in sogenannten Drumcomputern oder Grooveboxen standardmäßig zur
Rythmuserzeugung verbaut.


Beispiel für Sequencer: Jomox XBASE 888 Drumcomputer


Beispiel für Sequencer: Elektron Analog Rytm Drumcomputer


Beispiel für Sequencer: Roland MC909 Groovebox


Für Rythmussynthesizer oder -computer findet man oft zwei Begrifflichkeiten: Zum einen
Drumcomputer, zum anderen Groovebox. Der Begriff Groovebox kam mit der Zeit auf, als
es vermehrt Drumcomputer gab, welche neben der Erzeugung von Percussions auch
noch das Erstellen von Basslines, Leadsounds, Soundeffekten etc. beherrschten.
Die Grenze zwischen Drumcomputer und Groovebox verläuft eher fließend.


Klangsynthesen
Im Bereich der Klangerzeugung mit Synthesizern trifft man in der Praxis auf verschiedene
Möglichkeiten, wie Klänge erzeugt werden. Es existieren acht Erzeugungsverfahren, die in
diesem Bereich am bekanntesten sind:

- Additive Klangsynthese
- Subtraktive Klangsynthese
- Wavetable-Synthese
- FM-Synthese
- Waveshaping-Synthese
- Sampling
- Granularsynthese
- Physical Modeling

Additive Klangsynthese
Die Grundlage der additiven Klangsynthese ist die Fourier-Analyse. In der Praxis bedeutet
das, dass man einen Klang erzeugt, indem man eine dafür nötige Anzahl von harmonischen
Schwingungen mit unterschiedlichen Frequenzen übereinander legt. Der Zugriff auf jede
im Klang enthaltene Frequenzkomponente ist jederzeit möglich. Prinzipiell ist dieses
Verfahren eher der Anfangszeit der elektronischen Musikinstrumente zuzuschreiben
und ist somit heutzutage nur noch sporadisch anzutreffen. Im Laufe der Jahre haben
sich leistungsfähigere Synthesen entwickelt.

Subtraktive Klangsynthese
Die subtraktive Klangsynthese basiert darauf, dass der Oszillator Grundwellen erzeugt, welche mit wenigen oder vielen Oberwellen angereichert sind. Wellenformen, welche hauptsächlich anzutreffen sind, sind Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck, Impulsfolgen und Rauschen. Die Steuerung und Variation dieser Grundwellen erfolgt mit LFO, Filter und Hüllkurve. Subtraktive Klangsynthese zeichnet sich dadurch aus, dass die Klangprogrammierung recht einfach von statten geht und sie mit überschaubarer Parameteranzahl auskommt. Da die Grundwelle aber jederzeit dieselbe bleibt, ist das Klangpotenzial gewissen Einschränkungen unterlegen. Nichtsdestotrotz ist im Bereich der Synthesizer die subtraktive Klangsynthese eines der wichtigsten und verbreitetsten Verfahren. Wavetable-Synthese Die Wavetable-Synthese ist als eine Art Erweiterung der subtraktiven Synthese zu sehen. Es geht darum, die statischen Grundwellen der subtraktiven Synthese durch eine Vielzahl weiterer verschiedener Grundwellenarten zu ergänzen. Der Name Wavetable ist darauf zurückzuführen, dass viele verschiedene Grundwellenarten in einer Tabelle zusammengefasst sind und der Oszillator innerhalb dieser Tabelle von einer Grundwellenart zur anderen beliebig umher springen kann. Dadurch ergibt sich ein hohes Potenzial an verschiedenartigen Klängen und Klangvarianten, welches – je nachdem wie viele und stark unterschiedliche Grundwellenformen in der Tabelle enthalten sind – eine hohe Bandbreite an unterschiedlichen Klängen abdeckt und nebenbei die subtraktive Synthese erheblich erweitert. FM-Synthese Bei dieser Synthese wird die Frequenz eines Trägersignals durch ein Modulationssignal verändert, welches im hörbaren Bereich liegt. Die FM-Synthese zeichnet sich dadurch aus, dass durch die Frequenzmodulation auch eine große Anzahl neuer Obertöne entsteht. Ein Nachteil dieser Syntheseform ist, dass es eine recht hohe Enarbeitungszeit erfordert, um Klänge nach eigenen Vorstellungen zu erzeugen, da diese Syntheseform recht komplex ist. Die FM-Synthese prägte die Musik der 1980er Jahre nachhaltig. Fans von FM-Synthese-Sounds sprechen manchmal von obertonreichen "Glaspalästen", wenn es im Gespräch um diese Syntheseform geht. Waveshaping-Synthese Dieses Prinzip basiert auf dem Anreichern von einfachen Schwingungen mit nichtlinearen Verzerrungen, um so obertonreiche Signale zu erzeugen. Waveshaping ist ein recht komplexes Verfahren bei dem es mit zunehmender Komplexität des Klanges immer schwieriger wird, zwischen akustischen Ergebnis und den zugehörigen Syntheseparametern einen anschaulichen Zusammenhang herzustellen. Sampling Beim Hören des Begriffs "Sampling" denkt man recht oft sofort an die Art und Weise, wie vor allem im HipHop Musik produziert wurde und auch noch produziert wird. Einzelne Passagen von alten Soul-, Jazz- oder Rock/Pop-Liedern werden aufgenommen und als Loop hintereinander gelegt oder anderweitig in eine Beat-Grundstruktur eingefügt. Doch dies wäre als Erklärung für Sampling zu kurz gegriffen. Sampling findet heutzutage vor allem in der möglichst authentischen Nachbildung von Originalinstrumenten statt. Hier werden, z.B. um einen Flügel authentisch reproduzieren zu können, möglichst viele verschiedenen Anschlagstärken, Klang- und Lautstärkevariationen von ein und derselben Taste aufgenommen. Teilweise auch verschiedene Mikrofonpositionen. Der Aufwand der dabei betrieben wird ist erheblich und aktuelle Sampling-Bibliotheken erreichen ein sehr hohes Klangniveau in bezug zum Originalinstrument. Granularsynthese Die Bezeichnung Granularsynthese stammt von dem Wort "Grains". Grains sind Bruchstücke von Signalen, welche nur wenige Millisekunden lang sind. Im Falle der Granularsynthese werden diese vielen einzelnen Grains in beliebiger Reihenfolge wieder neu zusammengesetzt und ergeben so einen anderen Ton. Ein Effekt dieser Vorgehensweise ist, dass ein Signal nach der Unterteilung in die einzelnen Grains und deren neue Zusammensetzung, von Tonhöhe und Wiedergabegeschwindigkeit des Ursprungssignals entkoppelt ist. Neben dem Anwendungsbereich Timestretching und Pitch-Shifting ist die Granularsynthes vor allem für den Bereich experimentelle Klanggestaltung tauglich. Physical Modeling Das Physical Modeling-Verfahren versucht mithilfe physikalischer Modelle von der Klangerzeugung bis hin zur Klangebeinflussung alles bezüglich der Tonentstehung und -beeinflussung zu simulieren. Das bedeutet, das beim Erzeugen eines Geigentons, die Simulation einer Geigenseite vorausgeht. Der größte Unterschied zu den anderen Verfahren ist somit, dass es nicht um die Nachbildung von Klängen inkl. deren spektrale Zusammensetzung und zeitlicher Verlauf. Diese Technik ist äußerst flexibel und auch in der Lage völlig neuartige Klänge zu erzeugen, da es auch möglich ist, die physikalischen Gegebenheiten absichtlich zu missachten oder zu umgehen. Die hohe Komplexität und der hohe Rechenaufwand gelten als Nachteile der Klangerzeugung via Physical Modeling.





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